Das Unwort: Österreichisches Deutsch? Ein Mythos wird entzaubert
Österreichisches Deutsch – oft als "Dialekt" abgetan, manchmal sogar als "Unwort" hingestellt. Doch ist diese Sichtweise gerechtfertigt? Dieser Artikel beleuchtet die Eigenheiten der österreichischen Sprache, widerlegt gängige Vorurteile und zeigt, warum die Bezeichnung "österreichisches Deutsch" irreführend und sogar abwertend sein kann.
Was ist "Österreichisches Deutsch"?
Zunächst einmal: Es gibt kein "Österreichisches Deutsch" im Sinne einer eigenständigen Sprache. Österreichisch ist ein Dialekt-Kontinuum, eine Bandbreite an regionalen Varietäten, die alle zum Deutschen gehören. Diese Varietäten unterscheiden sich in Aussprache, Grammatik und Wortschatz vom Standarddeutschen, das in Deutschland, Österreich und der Schweiz als Schriftsprache und in den Medien verwendet wird. Die Unterschiede sind jedoch fließend und regional stark unterschiedlich. Man spricht also eher von regionalen Ausprägungen des Deutschen in Österreich.
Unterschiede zum Standarddeutschen: Mehr als nur ein paar Wörter
Die Unterschiede zum Standarddeutschen betreffen verschiedene Ebenen:
- Aussprache: Die Aussprache variiert stark zwischen den Regionen. Beispiele sind die charakteristische "Schnalzlaut" oder die unterschiedliche Betonung von Wörtern.
- Grammatik: Es gibt grammatikalische Besonderheiten, wie z.B. die Verwendung bestimmter Konjunktive oder die Bildung von Pluralformen.
- Wortschatz: Ein großer Teil der Unterschiede liegt im Wortschatz. Viele Wörter, die im Standarddeutschen verwendet werden, haben in Österreich andere Bedeutungen oder werden gar nicht verwendet. Stattdessen existieren eigene, regionale Ausdrücke (z.B. "Semmel" statt "Brötchen").
Warum die Bezeichnung "Österreichisches Deutsch" problematisch ist
Die Bezeichnung "Österreichisches Deutsch" impliziert oft eine Abwertung gegenüber dem Standarddeutschen. Sie suggeriert eine minderwertige Sprachform, einen "Dialekt", der nicht den Standards entspricht. Dies ist nicht nur ungerecht, sondern auch historisch bedingt. Die Standardisierung des Deutschen erfolgte im Wesentlichen auf Basis der hochdeutschen Dialekte, wodurch andere Varietäten, darunter auch viele österreichische, marginalisiert wurden.
Österreichisches Deutsch: Eine Bereicherung, kein Mangel
Anstatt von "Österreichisches Deutsch" zu sprechen, sollten wir die vielfältigen regionalen Ausprägungen des Deutschen in Österreich anerkennen und würdigen. Diese Varietäten sind nicht nur ein Ausdruck regionaler Identität, sondern bereichern die deutsche Sprache als Ganzes. Sie spiegeln die kulturelle Vielfalt Österreichs wider und tragen zur lebendigen Dynamik der Sprache bei.
Die Vorteile der Vielfalt
Die sprachliche Vielfalt hat viele Vorteile:
- Kulturelle Identität: Regionale Sprachformen tragen maßgeblich zur kulturellen Identität bei.
- Sprachliche Kreativität: Die regionale Vielfalt fördert die sprachliche Kreativität und den Wortschatz.
- Kommunikative Flexibilität: Das Verständnis regionaler Varietäten verbessert die kommunikative Flexibilität.
Fazit: Akzeptanz statt Abwertung
Die Bezeichnung "Österreichisches Deutsch" sollte durch eine wertschätzende und differenzierte Betrachtung der regionalen Sprachvielfalt Österreichs ersetzt werden. Anstatt von einem "Unwort" zu sprechen, sollten wir die sprachliche Vielfalt als Bereicherung der deutschen Sprache sehen und die regionalen Besonderheiten achten und respektieren. Nur so kann ein Verständnis für die kulturelle und sprachliche Eigenständigkeit Österreichs geschaffen werden.